Wenn Vögel telefonieren könnten, dann würden Sie die Mobilnummer von Gerhard Wendl von Ast zu Ast pfeifen. Leider können sie es nicht, aber dafür wählen unzählige hilfsbereite Menschen die Nummer des Vogelnotrufs. Und erwischen den Vogelpapa beim Zubereiten von Mehlwürmern, beim Obstreiben, beim Einkochen von Drohnenbrut, beim Füttern mit der Pinzette oder beim Reinigen der Volieren. Dafür steht er morgens um halb drei Uhr in Gröbenzell auf, fährt zu seiner Vogelaufzuchtstation am Olchinger See und spätabends nach der letzten Fütterung wieder nach Hause. Alleine in den letzten zwei Stunden wurden ihm zehn Vögel auf den Tisch und ans Herz gelegt.
Während des Interviews mit dem Gründer des Vogelnotrufs wird schnell klar: Wenn man winzig klein, ohne Nest und ohne Eltern ist, dann möchte man am liebsten in der warmen hohlen Faust von Gerhard Wendl sitzen. Seit mehr als 30 Jahren kümmert er sich ehrenamtlich für verletzte, hilfsbedürftige Vögel und hat sich selbst zum bekannten Vogelexperten fortgebildet. Er war Kurator des Tierpark Hellabrunn, bekam Anfragen des Weltvogelpark Walsrode und trägt heute dazu bei, dass die Kreisgruppe Fürstenfeldbruck zu einer der größten und aktivsten Gruppen des Vogelschutzbundes in Bayern zählt. Fast jeder Tierarzt im Umkreis von 100 Kilometern hat seine Nummer und meldet sich klassischer Weise so am Telefon: „Hallo, ich habe hier vier Schwalben – was soll ich machen?“
Wir brauchen die Natur – die Natur braucht uns nicht
Ob Schwalbe, Dompfaff, Wacholderdrossel oder Grauer Fliegenschnepper – Gerhard Wendl weiß, was zu tun ist. Er weiß auch, welche Folgen der Klimawandel für die Vögel hat. Zum Beispiel werden immer mehr Vögel, die unter dem Dach brüten, zu ihm gebracht: Wegen der extremen Wärme wollen alle Nestlinge nach vorne, die hinteren schieben – und der vorderste fällt aus dem Nest. Außerdem lassen starke Regenfälle die Vögel nachts an Unterkühlung sterben. Gerhard Wendl ist überzeugt: „Wir müssen die Natur retten. Blumenwiesen nicht mähen, bevor die Blüten kommen. Denn ohne Blumen keine Insekten. Und ohne Insekten keine Vögel.“ Dabei haben Vögel in unserer Gesellschaft einen eher niedrigen Stellenwert. Wildvögel gehören dem Staat. Und vom Gesetz her müssen Vögel eingeschläfert werden, die nicht mehr ausgewildert werden können. Der Rebell von Olching sagt dazu: „Das mache ich nicht!“ Stattdessen dürfen sie in seinen Volieren leben und als Pädagogen arbeiten, sprich, ein Vorbild für Jungvögel geben.
Gerhard Wendl hat zwar eine Schwäche für die Kulleraugen der Rotkehlchen und das freche Wesen von Spatzen, aber sonst keinen expliziten Liebling: „Jeder Vogel hat seine ökologische Nische.“, diese Botschaft ist ihm wichtig. Außerdem: „Füttern Sie Vögel gerne im Winter, aber ab April nicht mehr. Auch wenn die Futterindustrie dazu anregt. Und ja, bekleben Sie große Glasscheiben, damit Vögel sich nicht die Köpfe daran einschlagen. Allerdingst müssen es nicht die Umrisse von Greifvögeln sein – es kann genauso gut der Umriss einer Gießkanne sein…“ Es gibt noch so viel weiter zu geben, so viel zu tun. Gerhard Wendl ist nun Ende Siebzig und kein Nachfolger in Sicht. Zuletzt fragen wir ihn, wie lange er sein Ehrenamt noch weiterführen wolle. Antwort: „Bis ich umfalle.“
Was passiert mit der Hilfe der Jackl Stiftung?
Mit dem Geld hat der Gründer des Vogelnotrufs (integriert in den Landesbund für Vogelschutz in Bayern LBV) Futter gekauft.
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