Hilfe für Tier- und Natur-Helfer
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Johannes Jung, Erdlingshof e.V., Kollnburg

Das schwarze Schaf und der weiße Stier

Das Kunststück von Johannes Jung: Er verändert die Welt. Ein großer Satz, von dem man sich in einem kleinen Dorf überzeugen kann. In Kollnburg macht er gemeinsam mit Birgit Schulze die Tiere des Erdlingshofs glücklich. Lässt Schweine galoppieren oder Pferde Fußballspielen. Und er bringt auch Menschen in Bewegung – vor allem ihre Gedanken. Das Denken in Vorurteilen zum Beispiel. Oder in Schwarz-Weiß-Kategorien.
Doch eins nach dem anderen, beginnen wir mit einer Geschichte, die sich einige Monate vor unserem Besuch zutrug.

Frühmorgens in einem Wald bei Passau

Johannes und der Stier Michel klettern aus einem Anhänger, in dem sie die Nacht verbracht haben. Ihr Atem bildet Kältedampfwölkchen, aber sie werden von Helfern mit Essen versorgt und denken nicht ans Aufgeben. Mit Michel als Lockstier will Johannes einen weißen Jungstier finden, der aus Angst in den Wald geflüchtet ist. Nachdem es ihm auf unfassbare Weise gelang, sich selbst aus der Tötungsbox eines Schlachthauses zu befreien. Wie ein Entfesselungskünstler. Nur dass diese mit Illusionen arbeiten, während der junge Stier allein auf seine Kraft, seinen Mut und seine Intelligenz setzen konnte. Johannes und Michel werden noch Tage durch den Wald streifen, bis irgendwann sein helles Fell als Lichtpunkt im dunklen Wald gesichtet wird. Dann endlich, nach zweiwöchiger Rettungsaktion, gibt es ein Happy End.

Der vierbeinige Held bekommt ein Zuhause und einen Namen

Er wird nun Ferdinand gerufen und darf für immer auf dem Tierschutzhof von Johannes Jung und Birgit Schulze bleiben. Umgeben von über 100 anderen Tieren. Besonders tatkräftig und liebevoll umsorgt von Birgit, die als ehemalige Steuerberaterin ebenso gekonnt mit Zahlen umgehen kann. Johannes arbeitete in seinem früheren Leben für die „Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt“ in Berlin. Und absolvierte außerdem die landwirtschaftliche Berufsschule, um sich für Tierrechte einsetzen zu können. Denn erst dadurch war er auf Augenhöhe mit den Bauern. Hörte von ihnen nie mehr Sätze wie: „Du kommst nicht aus der Landwirtschaft, du hast gar keine Ahnung“. Stattdessen fragten sich wohl seine Lehrer nach der Ausbildung: Haben wir da ein schwarzes Schaf großgezogen?

Ja, so könnte man das sehen. Denn Johannes Jung unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von seiner Umgebung: Als Zugezogener aus der Hauptstadt, der jetzt in einem niederbayerischen Weiler wohnt. Als Tierschützer unter konventionellen Bauern und Jägern. Als Veganer unter Weißwurstfans. Als Mann, der mit einem Mann zusammenlebte, bis dieser viel zu früh starb. Das schwarze Schaf Johannes lächelt trotzdem, erzählt weiter aus seinem Leben und zeigt dabei Parallelen zu dem erwähnten weißen Stier. Denn Ferdinand brach mit elf Monaten aus dem Schlachthof aus, Johannes mit 13 Jahren aus dem Konsum jeglicher Tierprodukte. Ferdinand keilte seine Nase in der Schlachtbox unter eine elektrisch gesteuerte Falltür und drückte sie hoch, bevor ihn eine Sekunde später der Schuss getroffen hätte. Johannes stemmt sich gegen die Verhältnisse in der Massentierhaltung.

Futter für die Tiere – und Futter für die Köpfe der Menschen

Das Ziel ist nicht, möglichst viele Tiere auf dem Hof zu retten, sondern möglichst viele Tiere durch Aufklärungsarbeit zu retten. Zu vermitteln, dass die Lebewesen keine Lebensmittel sind. Zum Glück gelingt es dem Erdlingshof, Veränderungen auszulösen. Aus der Behauptung „Der weiße Jungstier ist wild und gefährlich“ wird die Erkenntnis, dass er sensibel und intelligent ist. Problemrinder? Vielleicht geht es eher um Problemlandwirte. Und auf eine Haltung wie „Ich liebe Tiere, daher bin ich Vegetarier“ folgt die Einsicht, dass auch für die Milch- und Eierindustrie Tiere leiden und sterben müssen. Die meisten wissen außerdem nicht, dass Bio-Fleisch von denselben Schlachthöfen stammt wie Billigfleisch. Oder wenn jemand sagt „Ich esse nur Fleisch von glücklichen Tieren!“, macht Johannes nachdenklich mit seiner Frage: „Sollte das Leben von glücklichen Tieren früher enden als das der leidvollen Wesen aus der Massenhaltung?“

Wie die Überlegung auch ausgeht, verkürzt könnte man sagen: Wer als Tier auf dem Schlachthof landet, kommt als Wurst wieder raus. Wer den Erdlingshof besucht, kommt als Veganer wieder raus. Und der Besucher überdenkt am Ende nochmal die Sache mit Schwarz und Weiß: Nein, Johannes Jung ist doch nicht das Dunkle im Hellen. Sondern genau umgekehrt.

Der Erdlingshof verwendet die Unterstützung der Jackl Stiftung, um einen neuen Anhänger zu kaufen.

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