Fledermäuse sind menschenscheu und viele Menschen sind fledermausscheu. Absolute Ausnahmen sind Tilmann Ditting, Ralf Hufnagel und weitere Mitglieder der Fledermaus-Freunde-Fürth e.V. Sie setzen sich ehrenamtlich für den Schutz und Erhalt der heimischen Fledermaus-Population ein. Tilmann Ditting ist 1. Vorstand des Vereins, Fledermaus-Technik-Beauftragter und zeitweiliger Fledermaus-Bademeister. Ralf Hufnagel leitet die Station, arbeitete als Baumpfleger der Stadt Fürth und hat sich vor Jahren zum Fledermaus-Fachberater ausbilden lassen. Zu den Hauptakteuren gehört auch Sven Bail, ebenfalls Fledermaus-Fachberater mit Brief und Siegel, nämlich im Kreis Erlangen-Höchstadt. Ihm gelingt es immer wieder, hilfsbedürftige Fledermäuse aufzuspüren Und natürlich die Tierärztin Nada Cordasic für die besonders schwierigen Fälle. Sie kann winzige Mengen von Antibiotika und anderen Medikamenten dosieren, da die Tiere selbst nur wenige Gramm wiegen. Und dann gibt es noch ein paar Helfer, die besonders in der Jungtierzeit mit anpacken.
Erst fiel ein Baum, dann eine Entscheidung
Obwohl es lange her ist, weiß Ralf Hufnagel noch genau, wie sein Interesse für Fledermäuse begann: Es war Winter und als Baumpfleger fällte er eine Kastanie. Dabei fand er das das Zuhause von Fledermäusen – aber niemanden, der sich mit den Tieren auskannte. Immerhin fand er heraus, dass sie mit dem abgesägten Baum ihr Winterquartier, möglicherweise auch ihr Wochenstuben- und Sommerquartier verloren hatten. Und dass er es mit einer Kolonie von sogenannten Großen Abendseglern zu tun hatte. Damit stand für Ralf Hufnagel fest, dass er mehr wollte: Mehr Wissen, um mehr Hilfe leisten zu können. Er belegte erst einen Bestimmungskurs über „Fledermäuse im Winterquartier“. Dann wurde er über die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg näher an das Thema herangeführt. Schließlich recherchierte er gemeinsam mit Bettina Cordes, Biologin und für das Landes-Umweltamt zuständig für Fledermausschutz. Sie riet ihm schließlich, sich weiterbilden zu lassen. Es folgten drei Jahre Mitgliedschaft beim LBV, die Ausbildung an der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftsplflege (ANL) und schließlich die Ernennung zum Fledermaus-Fachberater. Wenn Ralf Hufnagel heute vor einem steht, kann man sich gut vorstellen, wie ihn sein Interesse weitertreibt und die Ärmel an den kräftigen Armen hochkrempeln lässt. Erstaunlich wirkt die Kombination von Stärke und Zärtlichkeit. Eine Mixtur, die besonders schön zum Ausdruck kommt, wenn man sieht und hört, wie er ein Fledermaus-Baby füttert, das nur so groß wie ein halber Finger ist, und wie seine eigentlich tiefe Stimme dabei sanft flüstert: „So ist das fein, das schmeckt, geh? Kommt schon noch mehr…“ Wie er hinterher winzige Essensreste rund um das Schnäuzchen mit einem Wattestäbchen weg tupft. Und auch beim Zeitpunkt der Fütterung kommt seine Zuneigung zum Ausdruck: Die Tiere sind nachtaktiv, aber nachts schläft Ralf Hufnagel eigentlich gerne – also haben sich beide Parteien auf einen Kompromiss in den Abendstunden geeinigt.
High Tech gefragt
Neben Batman drängt sich der Vergleich mit anderen Action Helden auf. Wenn man sich Ralf Hufnagel als sanften James Bond im Einsatz für die Fledermäuse vorstellen möchte, dann wäre Tilmann Ditting wohl Q: Denn die technische Ausrüstung mit allen Raffinessen ist sein Spezialgebiet. Es werden Geräte eingesetzt, um Quartiere zu dokumentieren und zu kartieren. Selbst entwickelte High Speed-Kameras mit Lichtschranken können Arten auf schonende Weise bestimmen. 2016 gelang es, zum ersten Mal, in einer eigentlich sehr gut erforschten Höhle in Franken eine Große Hufeisennase nachzuweisen, die seltenste Fledermaus Deutschlands. Und im Sommer hatten die Fürther Fledermaus-Freunde die Möglichkeit, sich kleine Wärmebildkameras zu leihen. Seither besteht der große Wunsch, solche Kameras selbst anschaffen zu können. Genau wie einen sogenannten „Bat Corder“, um Fledermausrufe aufnehmen zu können. Echo-frei, omnidirektional, mit 500 kHz Samplerate und einem SNR von ca. 84 dB. Unverständliche Techniksprache? Dann übersetzen wir mal ganz direkt: Die Fledermaus-Freunde wären überglücklich über weitere Spenden, um solche Geräte zur Kartierung von Quartieren und zum Wohl der Tiere kaufen zu können. Denn nur was man kennt, kann man auch schützen.
Flattertiere machen irgendwann die Flatter
Wenn die Flattertiere fit genug sind, werden sie in der Nähe des ursprünglichen Fundorts wieder in die Natur entlassen. Oft schweren Herzens. Das geplante Auswildern ist übrigens auch der Grund, warum Ralf Hufnagel seinen Fledermäusen keine Namen gibt – die Bindung wäre sonst zu groß. Ausnahmen werden nur bei den sogenannten Dauerpfleglingen gemacht. Wie bei Nele, die bei ihm ihr Gnadenbrot bekommt. Nachdem sie einem Beutegreifer zum Opfer fiel, kann sie wegen eines Flughautrisses nicht mehr richtig fliegen. Aber Nele geht es sichtlich gut: Zur großen Freude des Vereins brachte sie vor vier Jahren in Fürth zwei Fledermauskinder zur Welt.
Tiefkühlkost schmeckt
Da sage man nochmal, dass Amerikaner keinen Sinn für gesunde Ernährung haben. Was Fledermausessen betrifft, kommt der Gegenbeweis von der US-Biologin Amanda Lollar: Sie entwickelte eine Aufzuchtmilch, die sich auch zum Einfrieren eignet. Und löste damit das Problem, dass aufgetaute Jungtiermilch bisher keine gute Konsistenz hatte. Sie war grieselig, also ein bisschen gruselig. Und auch für erwachsene Fledermäuse entwickelt Amanda Lollar das perfekte Rezept: Man nehme geschredderte Mehlwürmer, Spirulina-Algen, ein bisschen Kalzium, ein paar weitere Mineralstoffe und packe alles in einen Mixer, fertig ist der Smoothie. Jetzt nur noch in Spritzen abfüllen, einfrieren und bei Bedarf auftauen. Ein wahrer Fledermausschmaus, den alle Schützlinge von Ralf Hufnagel lieben.
Gebadet wird nicht zum Spaß
Baden bedeutet für Fledermäuse nicht Wellness, sondern Erste Hilfe. Tilmann Ditting ist dann oft zur Stelle und beweist, dass er nicht nur mit High Speed-Kameras, sondern auch mit den fragilen Tieren umgehen kann. Im Verein erinnert man sich an sieben Zwergfledermäuse, die in einem Kamin gefunden wurden. Alle waren verrußt, von oben bis unten, auch die Flügel. Sie brauchten ebenso dringend ein Bad wie die Gruppe von Zwergfledermäusen, die komplett verölt aus einer Abfallschmierstoffwanne gefischt wurden. Und genauso ergeht es den Fledermäusen, die Opfer von Klebefallen wurden. An dieser Stelle daher die große Bitte, keine Leimfallen aufzustellen! Drogeriemärkte bieten sie als „Lebensmittelmotten-Monitor“ für zu Hause an. Dabei können sie den kleinen Säugetieren unsagbares Leid verursachen. Weil sie im Normalfall daran kleben bleiben, bis sie verdursten. Nur wenige haben das Glück, zur Station gebracht und gerettet zu werden.
Time To Say Goodby
Auch wenn das angebotene Futter köstlich schmeckt: Irgendwann beobachten die Fledermaus-Freunde Fürth, dass in den Futterschüsseln von Tag zu Tag mehr übrig bleibt. Das bedeutet, dass es den Fledermäusen wieder gut geht und ihr Jagdtrieb erwacht. Die Pfleger wissen: Es ist wieder einmal Zeit, Abschied zu nehmen. Gut, dass die Tiere keine Namen bekommen haben. So können sich Bettina, Nada, Sven, Til, Ralf und die anderen Helfer einfach nur freuen, dass die Fledermäuse wieder gesund und in Freiheit sind.
Was passiert mit der Hilfe der Jackl Stiftung?
Mit dem Geld haben die Fledermaus-Freunde-Fürth e.V. Futter für das ganze Jahr und technisches Gerät gekauft.
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